Mittwoch, 31. Oktober 2012

Heute nicht.


"Manche leugnen den Jammer durch Hinweis auf die Sonne, er leugnet die Sonne durch Hinweis auf den Jammer" [Franz Kafka - Er]



Dienstag, 23. Oktober 2012

Wasting your time

Es ist schwer, den Schein der Vernunft zu wahren, wenn man weiß, dass man kurz davor ist, vollends dem Wahnsinn zu verfallen.
Und das alles während der kleine Mann in meinem Kopf meine Schädeldecke mit einem Eispickel aufspaltet.




Is' ne Bleistiftzeichnung. Das Bild ist im Original grauer und dreckiger... scheiß Scanner, kann nich' mal Spuren des Verfalls verdeutlichen! Pah!
Aus irgendeinem Green Day Booklet abgeguckt. (Dookie? Weiß nich')
Ich bin böse! Nein, bin ich nicht, klingt aber gut. Was soll's.
Und nebenbei lese ich einen Liebesroman. Hör sich einer diesen Schwachsinn an! Ich kann's selbst nicht glauben.

Wird Zeit, dass die Ferien wieder anfangen.
Und damit
Ende.

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Lebensunfähigkeit


„Ich hab' viele Menschen sterben sehen, weißt du? Stück für Stück. Jeden Tag ein bisschen. Und alles, was übrig blieb, war eine leere graue Hülle, die nur noch im Entferntesten an einen Menschen erinnerte“, sagt sie und zerdrückt ihre Zigarette in dem Aschenbecher, als würde es sich um ein lästiges Insekt handeln.
Der Qualm füllt bereits das gesamte Zimmer und vermischt sich mit dem Dunst unserer Gedanken.

„Und manchmal hab' ich das Gefühl, ich bin einer von ihnen, einfach irgendwann an all diesen lächelnden Gesichtern zu Grunde gegangen.“

Ihre Stimme ist nicht mehr als ein leises Flüstern, welches sich nur schwerfällig durch die Rauchschwaden kämpft und schließlich meine Ohren erreicht. Ich sauge ihre Worte in mir auf, wie ich es schon all die Jahre gemacht habe und beobachte sie fasziniert.

„Ich frag' mich oft, wie das passieren konnte, bin doch schließlich immer weiter gegangen, immer geradeaus, aber dann bin ich plötzlich gefallen - irgendwo auf dem Weg nach unten hab' ich mich letztendlich selbst verloren", sagte sie und deutet mit der Hand, in der sie ihre Kippe hält, nach vorne, fuchtelt damit durch die Luft und zeigt auf alles und nichts zu gleich.

„Und Grund war das Übliche: falsche Freunde, ’ne Menge Selbstzweifel und der Wunsch diesen Scheiß, der sich Leben schimpft wenigstens etwas erträglicher zu machen. Hätte ja nicht ahnen können, wie das endet.“

Sie redet immer weiter, zündet sich dabei die nächste Kippe an und inhaliert den Qualm, als wäre es Luft, das einzige, was sie zum leben braucht.

„Und dann seh' ich all diese Leute und denke mir ‚Passt bloß auf, ihr scheiß Wichser! Irgendwann werdet auch ihr fallen und ich werd' da sein – nicht, um euch aufzuhelfen, nein! Ich werd' da sein und euch am Boden begrüßen!“

Ihr Wortschwall wird durch ein Husten unterbrochen und sie braucht mehrere Minuten, um
sich wieder zu beruhigen.

„Ich weiß, es ist falsch, aber irgendwie hab’ ich trotzdem das Gefühl, dass es noch immer das Beste ist, was ich machen kann.“

Ich nicke. Irgendwie hat sie ja Recht.

„Das Leben ist scheiße“, sage ich.

„Amen!“, lacht sie und greift nach der nächsten Zigarette.






Eigentlich mag ich solche Bilder nicht. Mag keine Zigaretten und keinen Alkohol. Aber irgendwie fasziniert es mich doch immer wieder und ich weiß nicht warum.
Vielleicht weil da irgendwo tief in jedem Menschen der Wunsch nach Selbstzerstörung ist.
Weiß nich’


Nancy und Sara, die zweite.
Ich mag die beiden, irgendwie.

Ende

Montag, 8. Oktober 2012

Sie trägt heute traurig

Sie trägt heute traurig.

Das entscheidet sie spontan, während sie vor den fein säuberlich beschrifteten Gläsern sitzt, die sich neben ihrer Tür stapeln.
Das Licht bricht sich in den dreckigen Fensterscheiben und streckt seine unsichtbaren Finger nach den Schatten aus, die sich ängstlich in den hintersten Ecken des Zimmers verkrochen haben. Staubkörner tanzen unbeachtet im Sonnenlicht.
Ihre bleichen Finger gleiten bedächtig über die hohen Türme und zeichnen die schwarzen Buchstaben auf den Etiketten nach. Verliebt schreibt ihre Hand. Illusion sagen ihre Augen.
Ihre Hände zittern leicht, als sie über die restlichen Gläser streicht und die gestapelten Gläser schwanken dabei bedrohlich.

Wütend.

Zufrieden.

Hungrig.

Ihr Blick fällt auf ein Glas, das etwas abseits von all den anderen steht und wie ein Ausgestoßener wirkt. Anders als die anderen. Das Schild strahlt in einem unverbrauchtem weiß und die Buchstaben bilden das Wort glücklich. Aber ihre Hände trauen sich nicht in dessen Nähe, gleiten darüber hinweg, als würde es sich bei seinem Inhalt um eine Säure handeln, die ihr die Fleisch von den Knochen ätzt, sobald sie das kalte Glas berührt.

Dieses Glas hat sie noch nie geöffnet, hat es immer nur sehnsüchtig betrachtet, wenn sie nach einem der anderen gegriffen hat. Sie war noch nie glücklich.

Mit einem leisen Seufzer auf den Lippen greift sie nach einem Gefäß, dessen Beschriftung nur noch schwer zu entziffern ist. Aber sie muss es auch nicht lesen können, sie erkennt allein an der Art, wie das Glas in ihren Händen liegt, worum es sich handelt.

Traurig. Es ist ihr liebstes Gesichtskleid.

Sie dreht den Deckel ab und legt ihn vorsichtig auf den Boden, als würde es sich um ein schlafendes Kind handeln.
Bei diesem Vergleich huscht ein leichtes Lächeln über ihre Lippen, erreicht ihre Augen jedoch nicht – diese kalten grauen Augen, die die meiste Zeit ausdruckslos in die Luft starren.

Mit einer geschmeidigen Bewegung, die man ihr auf den ersten Blick niemals zugetraut hätte, führt sie das Glas über ihren Kopf, dreht die Öffnung nach unten und lässt sich dessen Inhalt über das Gesicht laufen.
Ein Inhalt, der nur für sie einzigartig und kostbar ist – von all den anderen als Hirngespinst verschrien.
So sitzt sie mehrere Minuten vor der Wand aus allen möglichen, durchsichtigen Gefäßen und hält sich das leere Glas über den Kopf.

Unter ihren geschlossenen Augen prangen dunkle Schatten, die von den unzähligen schlaflosen Nächten zeugen, in denen sie vollkommen nackt – gefühllos – an die Decke starrt und ihren Kopf auf Leerlauf schaltet.

Mit einem Seufzer, mit dem sich all der Schmerz und die Trauer der letzten Tage Freiraum zu verschaffen scheinen, richtet sie sich auf und stellt das zugedrehte Glas an seinen ursprünglichen Platz und erhebt sich.

Als sie das kalte Metall der Türklinke unter ihren Fingerspitzen spürt, zuckt ein Gefühl der Unsicherheit durch ihren Körper - ergreift jede Zelle, jeden Knochen und jedes einzelne Haar und zieht sie zurück in das dunkle Zimmer.

Sie hat irgendetwas vergessen.

Unsicher lässt sie ihren Blick durch den Raum schweifen und ein erleichtertes Lächeln zuckt um ihre Mundwinkel, als sie ein Glas sieht, dessen Etikett beinahe genauso abgenutzt aussieht, wie das von traurig.

Als sie aus der Tür tritt, wirft sie sich gleichgültig über die Schultern, um sich vor dem eisigen Wind zu schützen, der ihr mit jedem Atemzug der Menschen entgegen schlägt - die Einheitskleidung der modernen Gesellschaft.

Es ist Mitleid, das sie empfindet, als sie auf die Straße tritt und die vielen Menschen sieht, all die einsamen Gestalten, die in ihren grauen Mänteln durch den grauen Regen hetzen.
Grau ist traurig.
Mitleid und vielleicht etwas Neid auf ihre Ignoranz. Sich nur um sich selbst zu scheren, muss eine tolle Gabe sein, denkt sie und verschwindet von allen ungeachtet in der Menschenmasse.

Während sie sich mit schnellen Schritten einen Weg durch die verzweigten Gassen sucht, prasselt der Regen unablässig auf ihre Schultern, durchweicht ihre dünne Kleidung und wird trotz seiner Kälte, wie eine langersehnte Dusche empfangen.
Wenn sie traurig trägt, liebt sie den Regen. Trostloses Grau, das der Himmel vergießt, wenn es ihm nicht gut geht.

So streift sie mehrere Minuten ziellos durch die Stadt, wiegt sich in der Sicherheit ihrer Maske aus Gleichgültigkeit und Trauer und wirft ab und zu einen Blick auf die Menschen, die ihren Weg kreuzen, ohne sich jedoch groß für sie zu interessieren. Auf den ersten Blick sind sie alle gleich.

Eigentlich will sie nicht stehen bleiben, will sich weiter in dem Nichtwissen üben, das für andere so selbstverständlich wie die Luft zum atmen zu sein scheint und einfach weiter durch die Gassen schlendern. Trotzdem hält sie an und richtet ihren Blick auf die dunkle Wolkendecke, die von der Sonne bereits wieder in alle Einzelteile gerissen wird. Das Wetter ist so launisch wie die Menschen.

Ihr langer Rock schlingt sich um ihre Beine und entblößt  nackte Füße, die scheinbar schon auf allen Straßen der Welt gewandelt sind. Dreck klebt wie ein Schatten unter ihren Fußsohlen, an den Händen, ihrem Gesicht und Herzen – lässt sich nicht abwaschen und so bleibt ihr nichts anderes übrig, als ihn unter ihrer Maske zu verbergen.

Als sie eine kalte Hand auf ihrer Schulter spürt, schreckt sie aus ihren Gedanken und dreht sich mit geweiteten Augen um.
Große, vor Freude glitzernde Augen strahlen ihr entgegen und scheinen tief auf den Grund ihrer Seele zu blicken. Sie zieht ihren Gleichgültigkeitsmantel enger um ihren Körper und sieht ihren Gegenüber abwartend an.
Er verzieht seine Lippen zu einem Grinsen und entblößt eine Reihe gelblicher Zähne, während er seinen unsichtbaren Hut vor ihr zieht und mit den Worten: „Seien Sie gegrüßt, meine Schöne“, eine leichte Verbeugung andeutet.
Seine Hände zittern unaufhörlich und als er sich wieder aufrichtet, liegt der Glanz des Wahnsinns in seinen Augen.
Mit seinen eingefallenen Wangen, dem fliehenden Kinn und den knochigen Schultern macht er einen erbärmlichen Eindruck und nur das breite Grinsen, das zwischen Wahnsinn und Vernunft schwankt, hält sie davon ab, einfach weiter zu gehen.

„Bei solch’ schönem Wetter sollten Sie nicht so traurig dreinblicken, meine Schöne“, sagt er  und versteckt seine zuckenden Hände in den Taschen seiner Hose. Sie sind auch grau, stellt sie fest, grau und dünn wie Pergament

„Die Sonne lacht viel zu breit, als dass Sie die Mundwinkel in ihren Kniekehlen tragen sollten. Lächeln Sie, meine Schöne, solange Sie noch Zeit dazu haben.“ Seine Worte werden von einem breiten Grinsen begleitet, das ihr keine andere Wahl lässt, als es zu erwidern und als er das leichte Aufblitzen ihre Augen bemerkt, fährt er mit seinem Monolog fort und gestikuliert dabei wild mit seinen Händen, die das Zittern so plötzlich verlernt haben, dass sie den Eindruck hat, sie hätten es niemals getan.

„Das Leben ist zu kurz, um so ein langes Gesicht zu machen. Das hat mein Vater immer gesagt. Außerdem sehen Sie, wenn Sie lächeln viel jünger aus, meine Schöne“, fährt er fort und mit jedem Millimeter, den sich ihre Mundwinkel heben, reißt ihre Maske ein weiteres Stück ein.

Der Mann fuchtelt wild mit seinen Armen durch die Luft und brabbelt weiter vor sich hin. Sie hört seine Worte kaum noch, sieht nur noch dieses Grinsen und den Glanz in seinen Augen.

Sie lacht mit ihm.

Das einzige, was sie hört, ist das reißende Geräusch, mit dem sich ihre Maske von ihrem Gesicht löst. Der Klang ihrer einstürzenden Seele.

Der Mann tanzt noch immer um sie herum, das Gesicht gerötet und sein Atem schwer und es ist ihr egal. Als er sich auf seine Knie stützt und nach Luft schnappt, ist es ihr egal.
Da ist dieses Reißen, das Zerfetzen ihres Ich und die Gewissheit, dass ihr liebstes Gesichtskleid ein Loch hat.

Ihr Lächeln ist wie weggewischt und sie dreht sich nicht um, als der Mann auf den Boden sinkt und sein rotes Gesicht in den grauen Dreck klatscht.

Der Tod ist bestimmt auch grau, denkt sie, während sie durch die Straßen hetzt und versucht die Fetzen ihrer unsichtbaren Maske zusammenzuhalten, grau, trostlos, nichtssagend.




Langer Post... und ich glaube, einen Teil davon habe ich hier schon einmal veröffentlich.
Is' egal. Jetzt ist's ganz.

(Ja, er stirbt. Nein, keine Ahnung woran. Zu viel gute Laune.)

Ansonsten: Keine Lust zu nichts. So'n Bäh-Gefühl.

Ende.